Rotenburg damals und heute
Das genaue Jahr, in dem Rotenburg (Wümme) gegründet wurde, ist bis heute umstritten, denn seit vorgeschichtlichen Zeiten lebten Menschen in dieser Gegend, beispielsweise in Unterstedt, Luhne und Wallstegen. Vor rund 810 Jahren ist es gewesen, denn das Baujahr der „Roten Burg“, die der Verdener Bischof Rudolf I. baute und die Rotenburg (Wümme) seinen Namen gab, wird auf das Jahr 1195 zurückdatiert. Im Gebiet zwischen Wümme, Rodau und Wiedau, wo die Burg gestanden haben soll, sollte sie den Herrschaftsbereich Rudolfs I. gegen Eingriffe der sächsischen Herzöge und der bremischen Erzbischöfe schützen. Sie erhielt ihren Namen „Rodeborg“ oder "Rodenborch“ vermutlich nach den roten Backsteinen, aus denen sie errichtet wurde. Der Name wurde auf die Siedlung übertragen.
Die Entwicklung der Siedlung und des Fleckens Rotenburg war eng mit der Burg verbunden. Mehrmals, so um 1517 und 1547, wurde der Flecken aus militärischen Gründen niedergebrannt, und beim Umbau nach dem 30jährigen Krieg mussten festungsnahe Gebäude weichen. Damals erhielt auch die Fleckenskirche ihren heutigen Standort. Früher stand sie dicht vor der Burg.
Die Einwohner litten unter den Kriegen, Eroberungen und Brandschatzungen. Zum Wiederaufbau ihrer Häuser verkauften sie Grund und Boden an die Bauern umliegender Ortschaften. Dennoch entwickelte sich ein eigenständiges Gemeinwesen, das von Anfang des 15. Jahrhunderts an als Weichbild und Flecken bezeichnet wurde. Die Bürger brauchten keinen Hofdienst für den Bischof zu leisten, mussten aber Wege, Mühlen und Uferbefestigungen instand halten und die Tore bewachen. Einige Zeit später erhielt der Flecken auch Zoll- und Steuereinnahmen zugesprochen. Ende des 15. Jahrhunderts wurde eine Gilde der Schmiede, Schneider und Schuster eingerichtet. Diese Freiheitsrechte bestätigten die jeweiligen Landesherren immer wieder. 1929 wurde Rotenburg zur Stadt erhoben.
Die Burg- und Festungsanlage wurde im Laufe der Jahrhunderte ständig erweitert, mit neuen Gebäuden versehen und den militärischen Notwendigkeiten angepasst. Um 1600 errichtete der Bischof Philipp Sigismund ein Schloss im Stil der Weserrenaissance. Eine entscheidende, auch den Flecken stark berührende Veränderung trat ein, als die Schweden, die seit dem Ende des 30jährigen Krieges die Landesherrschaft inne hatten, die Festungsanlage gründlich modernisierten. Dennoch gaben sie die Anlage kurze Zeit später auf und konzentrierten ihre militärischen Mittel in Stade. Rotenburg als wichtiger Militärstandort verfiel, Teile der Gebäude wurden nach Stade transportiert. Noch zweimal wurde die Festung repariert und genutzt. Im 7jährigen Krieg kamen Engländer und Franzosen. In den napoleonischen Kriegen (1803-1813) wurden Soldaten aus vielen Nationen auf der Festung - und im Flecken- einquartiert.
Dies war den Bürgern des Fleckens zu viel. Als um 1840 Erde für ein trockenes Fundament eines neuen Amtsgebäudes am heutigen Pferdemarkt benötigt wurde, wurden die Wälle abgetragen, die Gräben zugeschüttet, Sand abtransportiert und das Gelände planiert. Heute erinnern nur noch ein paar Steinreste an die alten Gebäude, die auf dem Heimathausgelände ausgestellt sind. Grundmauern werden unter der Erde vom Heimathausgelände bis zum Pferdemarkt vermutet - und gelegentlich auch entdeckt.
Die Burg und Festung hatten über die Jahrhunderte auch eine Bedeutung als Verwaltungszentrum. Hier residierten die Verdener Bischöfe und entwickelten eine Verwaltung. Ein Drost als Vertreter des Bischofs führte die Amtsgeschäfte. Als die Schweden die Landesherrschaft im Erzstift Bremen und Stift Verden übernahmen und ihren Herrschaftsbereich säkularisierten, übertrug die Königin Christina Rotenburg und das angrenzende Gebiet Hans Christoff von Königsmarck. Er wurde Generalgouverneur und Herr über Rotenburg. Das Gebiet um Rotenburg fasste er zu einem Verwaltungsgebiet zusammen. Es wurde als Herrlichkeit, Herrschaft oder Amt bezeichnet. Rotenburg blieb so trotz des Verfalls der Festung ein Verwaltungszentrum und konnte diese Funktion durch alle Wechselfälle der Geschichte erhalten.
Über die Jahrhunderte bildete die Landwirtschaft den wichtigsten Erwerbszweig. Allmählich entwickelte sich im Schatten der Burg das Handwerk zu einem eigenständigen, zünftig organisierten Wirtschaftszweig. Auch Dienstleistungen für die verschiedenen Verwaltungen gehörten zu den Lebensgrundlagen des Fleckens. Später profitierte Rotenburg von der Pferdepost. Hier kreuzten mehrere Linien, und die Pferde wurden gewechselt. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich kleinere gewerbliche Unternehmungen. Anschluss an die Eisenbahn erhielt Rotenburg 1874. Die eigentliche Industrialisierung Rotenburgs erfolgte erst im 20. Jahrhundert insbesondere nach dem 2. Weltkrieg. Seit 1936 ist Rotenburg Garnisonsort.
Am Knotenpunkt mehrerer Bundesstraßen entwickelte sich Rotenburg (Wümme) im Laufe der Jahrzehnte zu einem Mittelzentrum im Dreieck Hamburg-Bremen-Hannover. Hatte das Marktrecht schon dafür gesorgt, dass Rotenburg (Wümme) eine herausragende Stellung in der Umgebung erhielt, so führt die Verleihung der Stadtrechte dazu, dass eine Reihe von Behörden angesiedelt wurden. Die Kreisstadt war damit zu einem Mittelpunkt des öffentlichen Lebens geworden.
Mit der Gebietsreform 1977 wurden die Regierungsbezirke Stade und Lüneburger Heide zum Regierungsbezirk Lüneburg zusammengeschlossen, die zum 31.12.2004 aufgelöst wurden. Die Landkreise Rotenburg (Wümme) und Bremervörde wurden mit der Gebietsreform 1977 ebenfalls zusammengeschlossen. Rotenburg (Wümme) ist Kreisstadt geblieben.
Von 1986 bis 1996 wurde die Rotenburger Innenstadt modernisiert. Verkehrsberuhigte Straßen, eine ausgedehnte Fußgängerzone und stadtkernnahe Wanderwege sowie ein gut ausgeschildertes Radwanderwegenetz laden zu einem Besuch oder Ferien in Rotenburg (Wümme) ein. Das Erlebnisbad "Ronolulu" zieht viele Menschen aus nah und fern an. Aber nicht nur im Kernbereich der Stadt, auch in der näheren Umgebung, laden Freizeiteinrichtungen Gäste und Besucher ein.
In Rotenburg (Wümme) sind mehrere bedeutende Industrie- und Dienstleistungsbetriebe zu Hause. Das Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg gemeinnützige GmbH und die Rotenburger Werke der Inneren Mission beschäftigen allein fast 3.500 Personen. Die Stadt verfügt über gut ausgestattete Einrichtungen einer modernen Kleinstadt wie Schulen aller Art, ein Berufsbildungszentrum, eine Volkshochschule, Ärzte diverser Fachrichtungen, eine Stadtbibliothek, ein Stadtarchiv, Galerien, Kultur- und Sportvereine.
2022 wurde Rotenburg (Wümme) in die Städtebauförderung von Land und Bund aufgenommen. Für die Entwicklung der beiden Sanierungsgebiete Innenstadt und Auf dem Loh stehen der Stadt in den kommenden 15 Jahren gut 30 Millionen Euro aus Städtebauförderungsmitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen zur Verfügung. Dazu kommen weitere gut 15 Millionen Euro aus eigenen Mitteln.