Rotenburger Projekte
Aktuelle Projekte
Orange Days im Landkreis Rotenburg (Wümme)
Während der sogenannten Orange Days stellt UN Women Deutschland in diesem Jahr die Gewalt gegen Frauen und Mädchen im öffentlichen Leben – inklusive der digitalen Welt – in den Fokus. Auch der Landkreis Rotenburg (Wümme) unterstützt die Kampagne mit einer langen Aktionswoche vom 13. bis 25. November 2023. Auf verschiedene Arten machen die Gleichstellungsbeauftragten und Landfrauen kreisweit auf die Thematik aufmerksam, klären über das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf und informieren über Hilfsangebote. Alle Veranstaltungen sind kostenlos und über den Flyer einsehbar.
In Kooperation mit der BISS, Beratungsstelle des Landkreises Rotenburg (Wümme) sowie der Polizeiinspektion Rotenburg hat die Stadt Rotenburg (Wümme) drei Videoclips erstellt unter dem Motto "Was tun, wenn es passiert ist?". Diese Videos sollen einerseits Betroffenen helfen, Auswege und Hilfen zu (er-)kennen. Allgemein sollen sie aber auch für den Umgang mit dem Thema sensibilisieren.
Auch Anne Waurich und Eduard Hermann von der Aufsuchenden Jugendsozialarbeit haben sich Gedanken gemacht, wie sie das Thema "Orange Days" den Jugendlichen näherbringen. Daher waren sie im Ratsgymnasium sowie der IGS Rotenburg unterwegs und haben dort Handabdrücke gesammelt, sich mit den Jugendlichen unterhalten und auch im Unterricht über das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen gesprochen. "Jeder Abdruck ist ein klares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen", betont Anne Waurich. Dank der Schülerinnen und Schüler sowie einiger Mitarbeitenden ist eine mehrere Meter lange Papierbahn mit Abdrücken zusammengekommen, die bis zum Abschluss der Orange Days am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, im Rathaus ausgestellt wurde.
Kooperationsprojekt der Stadt Rotenburg (Wümme) mit dem Landkreis Rotenburg (Wümme) und der Polizeiinspektion Rotenburg:
Hilfreiche Adressen und Telefonnummern zum Thema "Gewaltschutz" (hier klicken!)
Bei akuter Gefahr: Polizei 110
Beratung und Hilfe im Falle von häuslicher Gewalt:
- BISS (Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt) des Landkreises Rotenburg (Wümme) 04281/983-6060
- Frauenhaus Zeven 04281/983-6061
- Frauenhaus Verden 04231/961-966; www.frauenhaus-verden.de
- Frauennotruf Verden 04231/961-970
- Frauenschutzhaus Walsrode 05161/733-00; www.frauen-helfen-frauen-ev.org
- Bundesweites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (kostenlos) 116 016; www.hilfetelefon.de
- Bundesweites Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ 0800/1239900; www.maennerhilfetelefon.de
- Männerbüro Hannover 0511/123-5890 (Fachstelle für Opfer-, Täterarbeit mit Jungen, männlichen Jugendlichen und Männern); www.maennerbuero-hannover.de
- Männer gegen Männergewalt, Bremen 0421/30 39 422 (Kontakt- und Beratungsstelle für gewalttätige Männer); www.mgm-bremen.de
- Bremer JungenBüro 0421 / 59 86 51 60 (Informations- und Beratungsstelle für Jungen, Jugendliche u. junge Männer, die Gewalt erleben); www.bremer-jungenbuero.de
Beratung und Hilfe im Falle von sexualisierter Gewalt:
- Wildwasser-Beratungsstelle Rotenburg 04261/2525; www.wildwasser-rotenburg.de
- Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ 0511/532 8052 (kostenloses und durch Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot; Standort Medizinische Hochschule Hannover); www.kein-taeter-werden-de
- Bundesweites Hilfetelefon „sexueller Missbrauch“ (kostenlos) 0800/22 55 530
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Weitere Projekte
frauenORT Helene Hartmeyer
Rotenburg (Wümme) ist der siebte frauenORT in Niedersachsen und würdigt Helene Hartmeyer (1854 – 1920), Oberin des Rotenburger Diakonissen-Mutterhauses und Mitbegründerin des Krankenhauses, eine energische und mutige Frau, die mit ihrem Berufsethos – mit dem Dreiklang von Ausbildung, Krankenpflege und Seelsorge – in Rotenburg eine Tradition schuf, die bis heute gültig ist. Mit ihr begann die Entwicklung der Stadt zu einem überregionalen Ausbildungszentrum für Krankenpflege und sozialpädagogische Berufe.
"frauenORT Niedersachsen" ist eine Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., die Leben und Wirken historischer Frauenpersönlichkeiten einer breiten Öffentlichkeit bekannt macht und dazu beiträgt, dass Frauengeschichte und Frauenkultur einen festen Platz im Spektrum kulturhistorischer Angebote erhalten.
Frauengeschichte in den Rotenburger Straßennamen
In einer Galerie „Frauengeschichte in den Rotenburger Straßennamen“ im Rotenburger Rathaus an der Wand entlang des Standesamts sind die Portraits all der Frauen zu finden, nach denen in Rotenburg bisher Straßen benannt worden sind. Diese Frauengalerie wurde 2010 anlässlich der Ernennung Rotenburgs zum frauenORT Niedersachsen erarbeitet.
Bisher wurden Straßen benannt nach...
Königin Christina
* 18. 12. 1626 in Stockholm
† 19. 4. 1689 in Rom
Größer als ihr Streben nach Macht waren ihre Liebe zur Kunst, ihr Hunger nach Wissen und ihr Freiheitswille.
Christina wurde im Alter von fünf Jahren Königin, als ihr Vater Gustav II Adolf von Schweden 1632 im Dreißigjährigen Krieg fiel. Sie wurde erzogen wie ein Mann, lernte reiten und jagen und beherrschte sechs Sprachen. Als 18-Jährige übernahm sie 1644 die Regentschaft. Sie brachte das schwedische Königreich zu großer kultureller und geistiger Blüte. Gelehrte und Künstler aus aller Welt verkehrten auf ihre Einladung am schwedischen Hof. Gemäldegalerien und Bibliotheken wurden eingerichtet und die Universität Uppsala großzügig ausgestattet.
Der Westfälische Friede 1648 brachte Schweden die Landesherrschaft in Teilen Norddeutschlands. Königin Christina wurden u.a. die Stifte Bremen und Verden - und damit auch Rotenburg - als Reichslehen übertragen. Ihr Verbot von Hexenprozessen ist einer ihrer großen Verdienste. Zwei Verdener Bürger, der Hexerei beschuldigt, hatten um Hilfe ersucht und fanden Unterstützung bei Königin Christina, die in einer Resolution vom 16. Februar 1649 anordnete:
"... so tun wir ... Euch hiermit ernstlich anbefehlen ... Ihr alle ferneren Inquisition und Prozesse in diesem Hexenunwesen einstellet"
Nach zehn Jahren Regierungszeit dankte Königin Christina 1654 ab und nahm ihren Wohnsitz in Rom. Versuche, die Herrschaft in späteren Jahren wiederzuerlangen, scheiterten. Sie trat zum Katholizismus über, setzte sich jedoch stets für religiöse Toleranz ein. Auch in Rom förderte sie Wissenschaft und Kunst. Christina von Schweden war eine außerordentlich gebildete, kulturell interessierte und eigenwillige Frau. Ein Grund für ihren Thronverzicht war ihre prinzipielle Weigerung zu heiraten.
Ihr Grab befindet sich im Petersdom.
"Ihr Geist ist höchst außerordentlich, sie hat alles gesehen, alles gelesen, sie weiß alles."
René Descartes
Dr. Erika Köster
* 13.2.1916 in Plathe/Pommern
† 25.9.1995 in Rotenburg
Dr. Erika Köster machte sich als Heimatforscherin in der Stadt und in der Region einen Namen.
Erika Köster, geb. Bicknäse, machte 1935 in Rostock Abitur und schloss ein Studium an der Hochschule für Lehrerbildung an. Sie arbeitete an Schulen in Schwerin und Rostock und war Dozentin für Deutsch am Stu-dienseminar in Rostock. 1939 heiratete sie und bekam zwei Kinder. Ihr Mann fiel 1945 im Krieg.
1954 siedelte Erika Köster mit ihren Kindern von Rostock in die Bundesrepublik über und unterrichtete zunächst an der Mittelschule in Rotenburg. Nach einem weiteren Studium in Hamburg wurde sie Studienrätin und 1975 Studiendirektorin für Deutsch und Geographie am Rotenburger Ratsgymnasium. Sie promovierte, fast 60-jährig, in Geografie an der Universität Hamburg mit einer "Historisch-geografischen Untersuchung des Orts- und Flurgefüges zweier Dörfer im Kreise Rotenburg (Wümme)". Nach ihrer Pensionierung arbeitete sie weiterhin wissenschaftlich und schriftstellerisch, schwerpunktmäßig über die frühe Siedlungsgeschichte der Region und veröffentlichte die Ergebnisse ihrer Arbeit in den "Rotenburger Schriften".
1995 wurde sie kurz vor ihrem Tod in den Vorstand des Heimatbundes gewählt.
Marta Henke
* 7.7.1909 in Rotenburg
† 11. 9. 1991 in Rotenburg
Marta Henke setzte nach dem Krieg entscheidende Impulse für den Frauensport.
Marta Henke, geb. Flade, besuchte die Mittelschule und erlernte den Beruf der Buchhalterin. Anschließend war sie als Verwaltungsangestellte beim Landkreis Rotenburg beschäftigt. Im Alter von 15 Jahren trat Marta Henke in die Frauenabteilung des "Männer-Turnvereins Rotenburg" ein. Geräteturnen war ihre Leidenschaft. 1925 wurde sie zur Mädchenturnwartin gewählt. Damit begann ihr sehr erfolgreiches Wirken: Sie übernahm im Laufe der Zeit zahlreiche Posten als Vereins-, Kreis-, Bezirks- und Verbands-Frauenturnwartin. Noch als 72-Jährige leitete sie die Turnabteilung älterer Frauen.
Marta Henke war eine willensstarke, emanzipierte Frau und Mutter von Zwillingen. Ihr Mann unterstützte sie im Haushalt und sorgte für die Kinder, um ihr den Rücken frei zu halten. So konnte sie nach dem Krieg mit dem Fahrrad die Dörfer aufsuchen, um dort für sportliche Aktivitäten zu begeistern. Es gelang ihr der Wiederaufbau des Frauenturnens in acht Kreisen des Bezirkssportbundes Stade. Zudem war sie Mentorin und Tutorin an der Fachschule für Heilerziehung der "Rotenburger Anstalten", heute Rotenburger Werke!
Die Arbeit und das Engagement Marta Henkes zeichneten sich durch ihre pädagogischen Fähigkeiten sowie ihren enormen persönlichen Einsatz aus. Das Lebenswerk Marta Henkes wurde durch zahlreiche Ehrungen, zuletzt 1980 das Bundesverdienstkreuz am Bande, gewürdigt.
Lucia Schäfer
*11. 8. 1889 in Goldap, Ostpreußen
† 4.4. 1976 in Rotenburg
Lucia Schäfer war eine bedeutende Persönlichkeit des Rotenburger Kulturlebens.
Lucia Schäfer bestand 1908 die Prüfung zur Lehrbefähigung für Volks-, Mittel- und Höhere Mädchenschulen. Als Geigerin galt ihre ganze Liebe der Musik, deshalb lag ihr während ihrer gesamten schulischen Arbeit die Musikerziehung besonders am Herzen. 1944 floh sie mit ihren beiden Schwestern aus Ostpreußen und fand in Rotenburg eine neue Heimat und 1947 eine neue Anstellung an der Realschule Rotenburg. 1949/1950 gründete sie die "Rotenburger Konzertgemeinde", die sie höchst engagiert bis zu ihrem Tod 1976 leitete.
Lucia Schäfer verstand es, namhafte Künstlerinnen, Künstler und Orchester in die Wümmestadt zu holen, die sonst nur in Großstädten auftraten. Auf diese Weise entwickelte sich in Rotenburg eine im weiten Umkreis einzigartige Konzertkultur auf hohem Niveau. Lucia Schäfers Organisationstalent, ihr unermüdlicher Einsatz, ihr Idealismus und ihre besondere Art mit Menschen umzugehen, gaben entscheidende Impulse für das musikalische und kulturelle Leben der Stadt Rotenburg und des Landkreises. Für ihre Leistung wurde ihr 1961 das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Elise Averdieck
* 26. 2. 1808 in Hamburg
† 4. 11. 1907 in Hamburg
Elise Averdieck war Schriftstellerin, Schulleiterin, Gründerin des Kranken- und Mutterhauses Bethesda in Hamburg und einflussreiche Unterstützerin des Diakonissen-Mutterhauses Rotenburg.
Elise Averdieck musste als zweites von zwölf Geschwistern früh ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Sie pflegte zunächst Patientinnen eines befreundeten Arztes. Später plante sie die Gründung einer Mädchenschule, erhielt aber vom Hamburger Senat nur eine Konzession für eine Knabenschule, die sie 1837 eröffnete. Zusätzlich übernahm sie die Mädchenabteilung einer Sonntagsschule.
Elise Averdieck war eine sehr engagierte Pädagogin und viel gelesene Kinderbuchautorin: Sie verfasste Kinderbücher, weil sie das vorhandene Lehrmaterial für Kinder ungeeignet fand. Elise Averdieck war eng verbunden mit der evangelischen Reformbewegung des Pastor Harms in Hermannsburg. 1856 nahm sie einen unversorgten Kranken in ihrer Wohnung auf, um ihn zu pflegen. Weitere Patienten kamen dazu, und sie geriet in einen Zwiespalt zwischen Schule und Krankenpflege. Sie entschied sich für die Pflege und gründete 1859 das Krankenhaus "Bethesda" (= Haus der Barmherzigkeit). Sie entschloss sich, das Kaiserswerther Diakonissen-Mutterhaus als Vorbild für ihr Krankenhaus zu nehmen. 1860 wurde Bethesda zum Diakonissen-Mutterhaus eingesegnet und Elise Averdieck wurde die erste Oberin dort bis zu ihrem Ruhestand 1881.
Elise Averdieck unterstützte Helene Hartmeyer in ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit dem Bethesda-Vorstand und bei der Gründung des neuen Mutterhauses in Rotenburg. 1905 besuchte die 97-Jährige die Rotenburger Diakonissen, konnte deren neuem Weg zustimmen und stiftete Geld für den Neubau einer Kirche.
Marie von der Decken
* 16. 1. 1886 in Dresden
† 10. 3. 1953 in Rotenburg
Marie von der Decken war von 1920 bis kurz vor ihrem Tod 1953 Oberin im Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg.
Marie von der Decken wurde in Dresden als zweites Kind des Oberverwaltungsrates Louis von der Decken und seiner Frau Louise geboren. Ab 1892 besuchte sie verschiedene höhere Privatmädchenschulen in Dresden. 1909 ließ sie sich im Dresdner Diakonissen-Mutterhaus zur Johanniterschwester ausbilden und sammelte berufliche Erfahrungen als Krankenschwester in verschiedenen Krankenhäusern Sachsens, in der Gemeindepflege, in einer Behinderteneinrichtung und in einer Lungenheilstätte. Sie vertrat als junge Schwester die Oberinnen der Diakonissenhäuser in Lodz und Prag. Im Ersten Weltkrieg arbeitete sie im Lazarettdienst.
1919 kam Marie von der Decken nach Rotenburg, um im Krankenhaus auszuhelfen, wo Schwesternmangel herrschte. Bald darauf wurde die 34-Jährige von den Rotenburger Schwestern zur Nachfolge von Helene Hartmeyer empfohlen und übernahm das Amt der Oberin 1920. Marie von der Decken stand dem Diakonissen-Mutterhaus 32 Jahre lang vor. Sie war Autoritätsperson, Begleiterin, Lehrerin, Seelsorgerin und Vorbild für die Schwestern. Neben ihren Leitungsaufgaben im Mutterhaus versah sie auch den Posten der leitenden Schwester im Krankenhaus und unterrichtete die jungen Schwestern im Dia-konissenkursus.
In ihre Amtszeit fielen die schwierigen Jahre der Wirtschaftskrise der 1920er-Jahre, der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und die Wirren der Nachkriegszeit, durch die sie die ihr Anvertrauten mit viel Fürsorge führte.
"Die Rotenburger Schwestern schätzten an ihr besonders ,ihre gründliche Kenntnis aller Diakonissenarbeit und ihr frisches, unverdrossenes Zufassen in der Arbeit`".
Schwesternbrief, 1919
Margaretha Meinecken
* 1647 in Westeresch bei Scheeßel
† 1664 hingerichtet und verbrannt auf dem Galgenberg in Rotenburg
Margaretha Meinecken steht stellvertretend für das Schicksal vieler tausend Frauen, die der Hexenverfolgung zum Opfer fielen.
1664 wurde gegen Margaretha Meinecken der Prozess wegen Hexerei geführt. Sie wurde angeklagt, "die Kuh von Johann Holsten tot gezaubert" zu haben. Nach einem durch Folter erpressten Geständnis und einer Wasserprobe wurde sie vom "Peinlichen Halsgericht" bei der Brücke zu Rotenburg (Leegen-steen) zum Tode verurteilt und auf dem Galgenberg, 17 Jahre jung, verbrannt. Als Gnadenakt wurde ihr vorher das Haupt abgeschlagen, um ihr die Qualen des Verbrennens zu ersparen.
In Rotenburg waren 16 Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg noch die Folgen der Belagerung, der Verwüstung und der wechselnden Herrscher zu spüren. Die Bevölkerung litt unter sozialer Unsicherheit, Hungersnot und Krankheiten. Das mittelalterliche Weltbild war zusammengebrochen, die Menschen waren verunsichert, sie suchten nach Ursachen und Schuldigen. Für Superintendent Rimphoff, erster Prediger des Doms zu Verden und fanatischer Hexenverfolger, waren die Schuldigen klar: Unter seinem Einfluss wurden die Hexenprozesse nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder aufgenommen, obwohl Königin Christina von Schweden 1649 in ihrem Herrschaftsbereich, zu dem Rotenburg und Verden gehörten, Hexenprozesse verboten hatte. Margaretha Meineckens Schicksal war es, in dieser Zeit hier gelebt zu haben.
"Worin Recht gesprochen wird und man den beklemmenden Eindruck hat, dass alle im Unrecht sind."
Umberto Eco
Helene Hartmeyer
* 7.1.1854 in Kiel
† 21. 2. 1920 in Rotenburg
Die überzeugte Christin, leidenschaftliche Pädagogin und selbständige Denkerin setzte Maßstäbe in Krankenpflege, Erziehung und Ausbildung. Mit ihrem Berufsethos begründete sie eine Tradition in Rotenburg, die bis heute gültig ist.
Helene Hartmeyers Vater starb, als sie zwei Jahre alt war. Das Schicksal der verwitweten Mutter zeigte ihr, dass eine eigenständige Versorgung durch Berufstätigkeit wichtig war und sie wurde zunächst Lehrerin. 16-jährig nahm sie eine Stelle in einer Privatschule an und arbeitete später einige Jahre als Erzieherin. Nach einer dreijährigen Ausbildung zur Krankenpflegerin wurde sie 1891 im Hamburger Diakonissen-Mutterhaus "Bethesda" zur Diakonisse eingesegnet und gleichzeitig in das Amt der Oberin eingeführt. Unter ihrer Führung blühte das Mutterhaus auf und die Zahl der Frauen, die Diakonisse werden wollten, schnellte in die Höhe.
Es kam jedoch bald zu einer Krise im Bethesda-Krankenhaus. Der Vorstand erwartete vor allem Privatpflege von Vermögenden, Helene Hartmeyer aber stellte Nächstenliebe und Dienst für die Bedürftigen vor wirtschaftliche Interessen. Im Dezember 1904 endete der jahrelange Streit mit einer fristlosen Kündigung. Auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld kam Helene Hartmeyer 1905 mit ihren 62 Hamburger Diakonissen nach Rotenburg.
Für Rotenburg war Helene Hartmeyer ein Glücksfall. Die engagierte Diakonisse konnte sich hier zum Wohle ihrer Schwesternschaft, des Ortes und der Region einsetzen. Zusammen mit Pastor Buhrfeind und mit Unterstützung des Rates der Stadt Rotenburg legte sie den Grundstein zu einer der größten diakonischen Einrichtungen Norddeutschlands. Dem Einzug ins neu gegründete Mutterhaus 1906 folgte 1907 die Fertigstellung des Krankenhauses und weiterer Einrichtungen, u.a. der erste Rotenburger Kindergarten und die Kirche "Zum Guten Hirten".
Seit 2010 ist Rotenburg aufgrund des Wirkens von Helene Hartmeyer "frauenORT" in Niedersachsen
Anna Magdalena Schmidt
Anna Magdalena Schmidt geb. Böschen lebte bis 1833 in Rotenburg (genaue Lebensdaten liegen nicht vor)
Geld ist Macht - durch die Verfügungen in ihrem Legat verschafft sich Anna Magdalena Schmidt Gehör über ihren Tod hinaus.
Die wohlhabende Bürgerin Anna Magdalena Schmidt besaß ein Haus in der Großen Straße in Rotenburg. Hochbetagt, verwitwet und ohne eigene Kinder traf sie umfangreiche Verfügungen, wie mit ihrem Nachlass verfahren werden sollte. Mit ihrem Legat aus dem Jahre 1833 übte sie posthum großen gesellschaftspolitischen Einfluss aus - in einer Zeit, in der Frauen keine politischen Rechte hatten. Eine Anfechtung des Legats seitens des Magistrats und der Vorsteher des Fleckens Rotenburg blieb erfolglos.
Anna Magdalena Schmidt vererbte dem Flecken Rotenburg eine große Geldsumme sowie ihr Haus samt Hofstelle. Aus dessen Verkaufserlös sollten ein Schul- und Lehrerhaus sowie zusätzlich eine Mädchenschule errichtet werden. Kinder ab dem zehnten Lebensjahr seien ohne Schulgeld zu unterrichten. Sie forderte die Einstellung eines in Hannover oder Stade ausgebildeten Seminaristen für die Mädchenschule. Sie bedachte weiterhin viele Einzelpersonen, setzte ihr Vermögen aber auch für gemeinnützige Zwecke ein. So überantwortete sie 100 Reichstaler der Fleckenkämmerei-Kasse zur "unverzüglichen Erneuerung des Geländers am Stadtstreek", sollte das bestehende abgängig werden. Arme, bettlägerige Kranke und "ganz vorzugsweise arme Wöchnerinnen" bedachte Anna Magdalena Schmidt mit einem Erbteil zu deren "Verpflegung und Erquickung".
„... da hinsichtlich der Besetzung des Mädchen Schullehrers nach der bisherigen Verfassung den Bürgermeister und Vorstehern das Präsentationsrecht zusteht, die Erfahrung indeß gelehrt hat, daß dadurch leicht Spaltungen und Zwietracht, unter den Flecken Einwohnern erregt und Weiterungen herbeigeführt wurden, ..., so mache ich ferner zur Bedingung, .. daß ... der Lehrer aus der Klasse der wirklichen Seminaristen des Hannoverschen oder Stader Seminario .. ... ausgewählt werde, wobei besonders dahin zu sehen seyn wird, daß der zu wählende Lehrer besondere Geschicklichkeit in allen, zum Unterricht für das weibliche Geschlecht diensamen Kenntnisse besitze."
Anna Magdalena Schmidt
Nelly Sachs
* 10. 12. 1891 in Berlin
†12. 5. 1970 in Stockholm
Nelly Sachs war Schriftstellerin und Lyrikerin. 1966 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur.
Nelly Sachs (Leonie Sachs) war Tochter eines jüdischen Elternhauses. Sie wuchs in einer kultivierten, großbürgerlichen Atmosphäre auf. Mit 17 Jahren begann sie Lyrik im Stil des literarischen Impressionismus zu schreiben, 1921 erschien ihr erster Gedichtband. In den 1930er-Jahren lebte Nelly Sachs in Berlin und setzte sich in ihrer Lyrik mit dem wachsenden Faschismus und ihren jüdischen Wurzeln auseinander. 1940 konnte sie sich mit ihrer Mutter gerade noch rechtzeitig nach Stockholm retten. 1953 erhielt sie die Schwedische Staatsbürgerschaft.
Nelly Sachs schrieb Zeit ihres Lebens von ihrem Entsetzen über den Holocaust. Ihre Werke wurden in der Nachkriegszeit zunächst in Ost-Berlin veröffentlicht, von der Kritik im Westen zwar gelobt, aber in der jungen Bundesrepublik kaum gelesen. Erst gegen Ende der 1950er-Jahre wurde sie im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt. Mehrere Literaturpreise in Deutschland folgten. 1966 stiftete die Stadt Dortmund den Nelly-Sachs-Preis und verlieh ihn der Namensgeberin. Als erste Frau erhielt sie 1965 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
An ihrem 75. Geburtstag erhielt Nelly Sachs 1966 - gemeinsam mit Samuel Josef Agnon - den Literaturnobelpreis. Nelly Sachs zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und starb am 12. Mai 1970 in Stockholm.
"Das Nobelpreiskomitee verlieh Nelly Sachs den Nobelpreis, für ihre hervorragenden lyrischen und dramatischen Werke, die das Schicksal Israels mit ergreifender Stärke interpretieren."
Rosemarie Eisenberg
* 5. 9. 1917 in Verden
† 28. 7. 2003 in Rotenburg
Rosemarie Eisenberg war von 1954 bis 1982 Oberin im Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg (Wümme).
Rosemarie Eisenberg, geb. Hagemann, war das fünfte, jüngste Kind von Sophie Hagemann (Tochter des Göttinger Mathematikers Felix Klein) und dem Verdener Rechtsanwalt und späteren Präsidenten des Landesgerichts Hannover Eberhard Hagemann und Ururenkelin von Georg Wilhelm Friedrich Hegel. 1937 legte Rosemarie Hagemann an der Kaiserin-Auguste-Viktoria-Schule in Celle die Reifeprüfung ab. 1940 verlobte sie sich mit Joachim Eisenberg, der ein Jahr später im Krieg fiel. Rosemarie Hagemann nahm mit Einverständnis der Familie 1943 den Namen Eisenberg an. 1941 schloss sie ihre Ausbildung zur Gemeindehelferin (heute Diakonin) in Berlin ab und arbeitete 1942-47 im Verdener Dompfarramt als Gemeindehelferin.
Von 1947 bis 1949 war sie Stadtjugendwartin für die weibliche Jugendarbeit in Hannover und trat 1949 ins Diakonissen-Mutterhaus Sarepta in Bethel ein. Von 1951 bis 1953 war sie Leiterin der Jugendarbeit in Gütersloh und wurde 1953 nach Rotenburg berufen, wo sie am 5. Februar 1954 in das Amt der Oberin eingeführt wurde. Dieses Amt übte sie 28 Jahre lang aus. Von 1965 bis 1977 war sie Mitglied der 17. und 18. Landessynode Hannovers - berufen durch den Landesbischof. Nach ihrer Zeit als Oberin war sie als Feierabendschwester von 1982 bis 1993 in den umliegenden Gemeinden in der Frauenarbeit tätig.
Rosemarie Eisenberg war sehr offen und direkt, eine "Oberin zum Anfassen" und hatte ein gutes Gedächtnis für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Krankenhaus. Sie galt als unkompliziert und sehr engagiert. Ihre besonderen Stärken waren Bibelarbeit und Andachten.
Der Verlust des Verlobten blieb lebensprägend und ihre anhaltende Trauer war ein Grund für ihre Einsegnung als Diakonisse. Noch in hohem Alter wollte sie nach Russland zum Grab von Joachim Eisenberg reisen, musste jedoch wegen eines Sturzes kurzfristig auf diese Reise verzichten. Als Mitglied zweier Familien mit großen Namen zitiert Rosemarie Eisenberg ihren Vater:
"Wenn ihr ein gutes Elternhaus gehabt habt, so ist das kein Vorrecht für euch, sondern nur eine Verpflichtung!"
Dieser Satz war für sie Maxime.
Zeitschrift "Helene"
HELENE ist eine Rotenburger Frauenzeitschrift, die von 2012 bis 2022 ein- bis zweimal pro Jahr erschienen ist. Sie hat jeweils ein Schwerpunktthema und wurde von einer fünfköpfigen Redaktion erarbeitet. Darüber hinaus bot die HELENE Frauen in der Stadt ein Forum, ihre Veranstaltungen und Treffpunkte anzukündigen und eigene redaktionelle Artikel zu schreiben.
Schwerpunktthemen
HELENE 1/2012: Equal Pay und Chancengleichheit
HELENE 2/2012: Künstlerinnen in Rotenburg
HELENE 3/2012: Traumberuf?
HELENE 1/2013: Gesundheit!
HELENE 2/2013: Garten
HELENE 1/2014: Frauen am Steuer
HELENE 2/2014: Ohne uns ist alles nichts
HELENE 3/2014: HELENE tanzt
HELENE 1/2015: Frauen und Finanzen
HELENE 1/2016: Mütter
HELENE 1/2017: Bunt und interkulturell
HELENE 2/2017: Freie Zeit - Freizeit - Zeit
HELENE 1/2018: Lebensalter
HELENE 1/2019: 100 Jahre Wahlrecht
HELENE 1/2020: Typisch Weiblich
HELENE 1/2021: Beziehungsweise BEZIEHUNG
HELENE 1/2022: Gesundheit aus weiblicher Sicht