Podiumsdiskussion: „Kitas in Not!“ – Wer kann was tun?
Die personelle Notlage in den Kindertagesstätten stellt eine starke Belastung für viele Schultern dar. Um den Personalmangel in den Griff zu bekommen, müssen sich die von Land und Bund vorgegebenen Rahmenbedingungen ändern. Hilferufe aus dem Landkreis Rotenburg (Wümme) an das Land Niedersachsen sind bisher ungehört verhallt. Nun wollen die Stadt Rotenburg, das Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg und der Ev.-luth. Kita-Verband Rotenburg-Verden Eltern/Sorgeberechtigten, Trägern, KiTa-Mitarbeiter*innen, Arbeitgebern und weiteren Interessierten eine Stimme und ein Forum bieten und laden für Mittwoch, 19. April 2023, um 18.30 Uhr zu einer Podiumsdiskussion mit Bürger*innenbeteiligung unter dem Motto „Kitas in Not“ in den Buhrfeindsaal in Rotenburg ein.
Wer kann was tun? Diese und weitere Fragen diskutieren mit den Anwesenden Rotenburgs Bürgermeister Torsten Oestmann, Mutterhaus-Vorstand Matthias Richter, CDU-Landtagsabgeordneter Eike Holsten, SPD-Landtagsabgeordnete und Sprecherin für frühkindliche Bildung Corinna Lange, Grünen-Landtagsabgeordneter und Sprecher für Schulpolitik Pascal Mennen, Kita-Leiterin Christine Hauschild, Schulleiter Daniel Müller (Ev. Elise-Averdieck-Schulen) sowie die pädagogische Leiterin des Ev.-luth. Kita-Verbands Rotenburg-Verden, Bettina Paul Renken. Auch ein Vertreter des niedersächsischen Kultusministeriums ist angefragt, sich zum Thema zu äußern.
„Unser sehr engagiertes KiTa-Personal braucht dringend Unterstützung“, betont Matthias Richter. Fehlt es, sind die Folge verkürzte Betreuungszeiten, Gruppenzusammenlegungen oder Schließungen. „Wenn nicht bald etwas passiert, werden wir in massive Betreuungsprobleme geraten. Doch die Not vor Ort wird oft verkannt“, ergänzt Torsten Oestmann. Eltern müssen oft kurzfristig andere Betreuungsmöglichkeiten finden, mit ihren Arbeitgebern sprechen und ergo wird auch von diesen viel Toleranz und Verständnis abverlangt. Im Grunde sei es eine einfache Rechnung: Ein/e nicht vorhandene Erzieher*in führt dazu, dass etwa zwölf Kinder die Kita nicht besuchen können und der Anteil der berufstätigen Eltern eine Alternative schaffen muss oder nicht zur Arbeit gehen kann. „Damit hat die Kita-Not auch eine erhebliche Relevanz für die Wirtschaft“, so Matthias Richter.
Auch die erhöhten Anforderungen des Landes, ein hoher Krankenstand nicht nur in der Pandemie sowie Eltern, die kranke Kinder in die KiTas bringen, sind weitere Herausforderungen, denen sich die Einrichtungen stellen müssen. Diesen können sie mit den vorhandenen Fachkräften bald nicht mehr begegnen und adäquate pädagogische Arbeit leisten.
Die Herausforderungen kennen auch die weiteren Hauptverwaltungsbeamten im Kreis. „Wenn sich nicht bald etwas ändert, wird es in einer großen Katastrophe enden“, meint Jörn Keller, Sittensens Samtgemeindebürgermeister und selber Kita-Vater. Die Spitze des Fachkräftemangels soll nach Prognosen 2027 erreicht werden – die Probleme sind schon jetzt deutlich spürbar. Sittensen ist die erste Kommune im Kreis, die im vergangenen Sommer ihre Betreuungszeiten anpassen musste, von 17 auf 15 Uhr, weil das Personal für eine verlässliche Betreuung bis 17 Uhr fehlt. „Es gibt nicht die eine große Lösung, das ist allen Beteiligten klar. Es werden viele kleine Bausteine sein. Aber diese müssen endlich angegangen werden und das können die Träger vor Ort nicht alleine“, erklärt Matthias Richter. Bausteine könnten unter anderem finanzielle Unterstützungen während der Ausbildungszeit oder eine unbürokratischere Anerkennung von ausländischem Fachpersonal sein.
Die Podiumsdiskussion soll auch ein Appell an die Landesregierung sein, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. „Ich hoffe, dass von Rotenburg ein starkes Signal ausgeht an die politisch Verantwortlichen“, sagt Matthias Richter. „Denn es muss sich etwas ändern – und zwar schnell“, betont auch Torsten Oestmann.